Das Thema Hypersensibilität ist eine Angelegenheit, die mich selber betrifft, da ich mich selbst zu dem Personenkreis der HSP (High Sensitive Persons)- wie es im Englischen immer genannt wird, zähle.

Es gibt verschiedene Formen der Hypersensibilität und es wird eher akzeptiert, wenn Frauen sich als hochsensibel outen. Viele hochsensible Menschen laufen herum, ohne sich darüber überhaupt bewusst zu sein. Ich muss zugeben, dass es bei mir auch lange Zeit gedauert hat, bis ich gemerkt habe, dass ich nicht „komisch“ bin, sondern einfach nur hypersensibel. Es ist sowohl eine riesige Kraft die wir da innehalten-aber wir müssen auch ganz viel auf uns selbst achten, damit wir nicht krank werden.

Heute habe ich für Euch einen Experten an meiner Seite: Christopher Hensellek. Mit seiner Webseite Hypersensibel und seiner Arbeit als Hochsensibilitätsberater & Achtsamkeitscoach bringt Christopher allen Hochsensiblen helles Licht in den dunklen Tunnel, in dem der ein oder andere gerade steckt.

Achtsamkeitscoach Christopher Hensellek

Ich möchte gerne mal das Thema Hochsensibilität auf meinem Blog ansprechen und freue mich, auf Christophers Expertenantworten…

Lieber Christopher, zunächst vielen Dank dass du dir die Zeit genommen hast, für ein persönliches Interview zum Thema Hochsensibilität. Du bezeichnest dich ja auch selbst als hochsensibel. Dabei gibt es ja extrovertierte und introvierte HSP-ler.

1. Zu welcher Sorte HSP zählst du dich selbst und was ist der Unterschied zwischen den beiden (extrovertiert & introvertiert)?

Christopher: Ich selbst zähle mich eher zu den introvertierten HSP, wobei ich natürlich, wie jeder andere Mensch, durchaus auch extrovertierte Seiten in mir trage und auslebe.

Insgesamt bin ich aber eher in mich gekehrt und mag z.B. Smalltalk nicht besonders gern. Wenn es für mich nichts Wichtiges zu sagen gibt, bin ich lieber ruhig und liebe es auch, Stille um mich zu haben. Ich bin gern in der Natur, genieße es mich mit wenigen, passenden Menschen zu umgeben und mag es auch sehr, allein zu sein.

Extrovertierte Menschen gehen mehr unter Leute, teilen sich gerne kommunikativ mit und mögen es auch sehr, im Mittelpunkt zu stehen. Sie brauchen mehr soziale Kontakte und mehr Aktion im Außen, im Gegensatz zu introvertierten HSP. Umso wichtiger ist es für die extrovertierten Hochsensiblen, ihre eigenen Grenzen zu kennen und zu wahren, denn auch sie brauchen genügend Zeit für sich, um ihre Batterien wieder aufzuladen.

2. Männer müssen ja in unserer Gesellschaft mehr oder weniger die Starken markieren. Ich weiß noch wie oft mein Vater zu meinem Bruder gesagt hat: „Indianer kennt kein Schmerz.“ als er mal unglücklich hingefallen war. Ich habe auch mitbekommen, wie verpönnt es bei orientalischen Jungen ist, dass sie Schwäche zeigen oder weinen. „Bist du etwa ein Mädchen?“ ist einer der Sprüche, die viele orientalische Jungs schon im Kindergartenalter von ihrem Umfeld zu hören bekommen, wenn sie mal eine Träne vergießen.

Wie äußerst sich Hochsensibilität bei Männern? Was sind die typischen Attribute, die quasi einen Mann zu einem hochsensiblen Mann machen? Ist Hochsensibel = Memme bzw. Heulsuse? ;O)

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Christopher: Das heutige Männerbild in der Gesellschaft halte ich für komplett überholt. Ich kann durchaus sensibel und zugleich stark sein, das schließt sich nicht aus.

Ich denke jeder Mann trägt in sich einen sensiblen Kern, aber man(n) lernt, dass das nicht in Ordnung ist.

Ich selbst brauchte auch Jahre, um meine Sensibilität zu akzeptieren und dem gesellschaftlichen Ideal des harten Mannes, der keine Gefühle zeigen darf und funktionieren muss Lebewohl zu sagen.

Aber es hat sich gelohnt: Ich bin auf der einen Seite sehr empathisch, empfindsam und kann mich auch an vermeintlich kleinen Dingen (Natur, Tiere, Blumen, Sonnenschein, leckeres Essen…) riesig erfreuen. Auf der anderen Seite habe ich gelernt, mir Verletzungen von anderen nicht mehr so nahe gehen zu lassen und mit meinen inneren Empfindungen aktiv zu arbeiten, so dass ich mittlerweile nicht mehr vor schwierigen Emotionen und Ängsten weglaufe, sondern mich ihnen innerlich und äußerlich stelle.

Gefühle zu akzeptieren, sie zu zeigen und sich mit ihnen zu beschäftigen ist wahre Stärke. Wahre Stärke kommt von Innen.

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3. Jetzt ist natürlich super zu wissen, welche Stärken eigentlich in einer hochsensiblen Persönlichkeit stecken. Kannst du uns dazu mehr verraten? Was unterscheidet einen hochsensiblen Mann von einem Mann, der nicht hochsensibel ist? Welche Vorteile siehst du?

Christopher: Ich glaube ich habe mit der zweiten Frage direkt schon auf die dritte hier geantwortet 😀 Insgesamt denke ich aber, dass hochsensible Männer zugleich sehr bewusste und mitfühlende Männer sind. Ob das immer ein Vorteil ist, sei mal dahingestellt. Ich denke sowohl Hochsensibilität und Normalsensibilität haben ihre Daseinsberechtigung, beides hat Vor- und Nachteile und ist, wie es ist.

4. Welche Einschränkungen oder Nachteile siehst du bei der Hochsensibilität beim Mann und welche Tricks hast du auf Lager damit umzugehen? Gibt es Dinge, die ein hochsensibler Mann besser kann oder einfach vielleicht anders angehen muss? (Ich habe einen interessanten Artikel zum Thema Softskills gelesen— und vor allem bei IT Technikern zum Beispiel werden diese dringend benötigt, und da sind Hochsensible in der Regel sehr kompetent)

Christopher: Nachteile gibt es meiner Meinung nach nicht. Schwierig wird es nur, wenn ich als HSP, egal ob Mann oder Frau, versuche, mich zu verbiegen und mit den „Normalsensiblen“ mitzuhalten. Das geht früher oder später nach hinten los und ist zum scheitern verurteilt.

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Sensible bzw. hochsensible Menschen spüren früher oder später, dass sie auf dem falschen Weg sind. Wichtig ist, sich selbst zu kennen und zu akzeptieren. Es ist wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen und sich nicht zuviel aufzuhalsen, sondern sich qualitativ hochwertige Zeit (Alleinzeit) zu gönnen, um die eigenen Batterien aufzuladen. Da man als HSP in bestimmten Situationen aufgrund der vermehrten Reizaufnahme und -verarbeitung schneller überlastet sein kann als „normalsensible“ Menschen.

5. Okay, mal angenommen, jemand hört das jetzt und sagt:”Hey das klingt mir alles  sehr vertraut. Vielleicht bin ich auch hochsensibel? Wie kann man das dann herausfinden, ob man es tatsächlich ist und in welcher Form?

Christopher: Im Internet gibt es viele HSP-Selbsttests, die an und für sich sehr simpel und zugleich aussagekräftig sind. Einen solchen Test findest du z.B. auf meiner Webseite:

HSP TEST
BILD ANKLICKEN ZUM HSP TEST

Man weiß als HSP sofort, ob man hochsensibel ist, wenn man sich ein wenig mit dem Thema beschäftigt. Ich selbst habe vor einigen Jahren sofort gemerkt: “Das ist es! Das bin ich!”

Viele Lebensläufe von HSP ähneln sich verblüffend stark. Man hat meist schon in der frühen Kindheit das Gefühl irgendwie „anders“ zu sein und wird zum Teil nicht richtig verstanden.

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6. Kommen wir zum Thema Beziehung führen. Ich organisiere ja Hochzeiten in Dänemark und betreue auch Paare mit meiner Happy Marriage Beratung. Welche Tipps kannst du einem hochsensiblen Mann geben- quasi Beziehungstechnisch? Was ist in einer Beziehung deiner Meinung nach wichtig, wenn einer der Partner hochsensibel ist? Oder vielleicht sogar beide hochsensibel sind?

Wichtig in einer Beziehung ist für HSP bei sich selbst zu bleiben. HSP sind oft sehr viel beim anderen, da sie sehr emphatisch sind. Sie neigen dazu, sich in Beziehungen und im Partner zu verlieren. Statt dem Partner alles recht zu machen geht es darum, eine Balance zu behalten, so dass auch die eigenen Bedürfnisse wahrgenommen und erfüllt werden.

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7. Man kann ja jetzt als Hochsensibler nicht erwarten, dass die ganze Welt Rücksicht nimmt, weil man behauptet: Achtung, ich bin hochsensibel. Welche Sachen sind wichtig als Hochsensibler im Alltag und im Umgang mit Menschen, damit man gesund bleibt? Also anders gefragt, was macht den Hochsensibeln krank, wenn er unachtsam ist- und wie kann er sein Leben erleichtern im Umgang mit Menschen, die nicht hochsensibel sind?

Ich glaube, dass muss jeder Mensch für sich selbst herausfinden und entscheiden. Ich z.B. umgebe mich nur mit wenigen Menschen, die mir gut tun und mit denen ich mich wohlfühle.

Ich wähle bewusst meine sozialen Kontakte und kann gut Allein-Zeit verbringen und brauche auch diese Zeit für mich, in der niemand um mich herum ist. Wichtig ist dabei, auf sein eigenes Bauchgefühl zu hören und sich von Menschen zu distanzieren, die einem nicht gut tun.

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8. Du führst ja auch Beratungen und Coachings durch. Wie muss ich mir das vorstellen? Wie läuft das ab und was kann ich mir als Hochsensibler davon versprechen? Hilfst du auch Paaren bei Beziehungsproblemen, bietest du auch Paarberatung an?

Meine Klienten kommen mit verschiedenen Anliegen zu mir. Von Beziehungsproblemen bis zu Überlastung auf der Arbeit kann da alles dabei sein. Mit einfachen Tools aus dem Bereich der Achtsamkeit und intensiven Gesprächen (Telefon/Skype/Zoom) haben viele Klienten schon innerhalb von einigen Wochen große Veränderungen in ihrem Leben vollziehen können.

Als Coach geht es vor allem darum, den Menschen zu zeigen, dass sie selbst für sich und ihr Leben verantwortlich sind und es selbst in der Hand haben, etwas zu verändern. Ich gebe ihnen im Coaching dazu die nötigen Denkanstöße und Hilfsmittel, die sie dann im Alltag aktiv selbst anwenden können.

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9. Du hast auch ein Buch über Hochsensibilität geschrieben? Worum geht es da und wo kann es bestellt werden?

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In meinem Buch „Metamorphose – Hochsensibel gesund leben“ erzähle ich meine persönliche Geschichte als hochsensibler Mensch und gebe meinen Lesern gleichzeitig genau die nützlichen Hilfsmittel, Denkanstöße und Techniken an die Hand, die mir als hochsensibler Mensch auf meinem Weg in ein authentisches Leben geholfen haben und es heute immer noch tun.

In meinem Buch lernst du:

  • wie du dich als hochsensibler Mensch im Alltag besser abgrenzen kannst
  • wie du gelassener und achtsamer mit herausfordernden Menschen und Situationen umgehen kannst
  • wie du authentische Entscheidungen triffst
  • wie du deine sensible Art akzeptieren und lieben lernen kannst
  • wie du gut mit dir selbst umgehst und auf dich achtest
  • wie du mit schwierigen Emotionen umgehst
  • wie du gesunde und achtsame Beziehungen auf Augenhöhe führst uvm.

Das Buch ist auf meiner Webseite www.hypersensibel.com und beim Buchhändler deines Vertrauens (z.B. Thalia, Amazon usw.) bestellbar: ISBN: 9783743167001

Lieber Christopher, ich danke dir für das ausführliche Interview zum Thema Hochsensibilität. Ich hoffe, dass diejenigen die evtl. hochsensibel sind, und es vorher nicht wussten, sich diesem Umstand jetzt bewusst werden und diejenigen, die evtl. so jemanden in Ihrem Bekannten, Verwandten oder Freundeskreis haben,  sich für das Thema öffnen können und dazu lernen, wie man mit einem Hochsensiblen am besten umgehen kann. Ich hoffe, dass das Bild vom sensiblen Mann sich von einem „schwachen Mann“ zu einem starken Mann mit sehr guten Soft-Skills entwickeln kann.

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