Kennst du das, wenn du für alle das Beste möchtest, dir aber auch das Allerbeste wünschst? Manchmal ist es schwer, es allen und vor allem sich selbst recht zu machen. Sowohl in der Familie ist es nicht immer leicht, aber eine Partnerschaft stellt nocheinmal eine besondere Hürde dar. Ich habe oft das Gefühl, dass die anderen gleich alles persönlich nehmen, nur weil ich ehrlich bin. Auch wenn ich meine Kommentare augenscheinlich schön verpacke, treffen sie mein Gegenüber merklich.

Doch sollten wir den anderen Menschen alles schön reden? Immer munter funktionieren, damit niemand aus seiner Komfortzone muss? Ich empfinde mittlerweile kein Unbehagen mehr dabei, wenn ich mir etwas von der Seele rede. Früher habe ich aus Rücksicht oft meinen Mund gehalten, wo ich eigentlich gerne jemanden zurechtgewiesen hätte.

Ich habe eins gelernt: Solange du niemanden beschimpfst, sondern einfach dein eigenes Unbehagen schilderst, so kann sich auch dein Gegenüber in dich hineinempfinden und im besten Fall auch deine Belange verstehen. Dass daraufhin jemand verständnisvoll reagiert, ist höchstwahrscheinlich.

Als positiv eingestellter Mensch gehe ich davon aus, dass alles in meinem Leben auch einen Sinn hat. Tiefe Wunden dürfen heilen und auch andere Menschen sollen spüren, dass sie so sein dürfen, wie sie sich gerade fühlen: zornig, traurig, enttäuscht, entfremdet, alleingelassen, isoliert, reizüberflutet, aber auch fröhlich, glückselig, verliebt, verbunden, gesegnet…. Das ganze Paket von Emotionen sollte gestattet sein.

Wir sind alle durch unsere Kindheit geprägt worden. Und wer lebt tatsächlich seine Gefühle aus? Wer lässt Wut hochkochen und geht in die Luft? Wer fängt schon theatralisch an zu schluchzen, wenn er/sie traurig ist? Wir haben gelernt unsere Gefühle unter Kontrolle zu halten, uns abzulenken, oder anderweitig zu beruhigen bzw. zu trösten. Süsses oder Salziges dient als Trostspender, FUTTER FÜR DIE MUTTER, Alkohol etc.! Doch jeder Trost der in einer Sucht endet, ist belastend und macht alles noch viel schlimmer.

Ich möchte so authentisch wie möglich sein, auch wenn es einmal unangenehm wird. Durch die Arbeit mit meinen Kindern habe ich gelernt, dass man sich nicht verstellen muss. Und das es falsch ist, dem Gegenüber vorzugaukeln, man sei glücklich, wenn man gerade verdammt depressiv ist. Wir können viel von Kindern lernen, wenn wir beobachten und uns auf Neues einlassen. Ich bin davon überzeugt, dass ich es schaffe, mit mir selbst im Reinen zu leben und auch anderen Menschen zu zeigen dass sie ihre Maske fallen lassen dürfen. Lasst eure Gefühle zu und lebt sie aus. Denn nichts ist schlimmer als, wenn man Wut herunterschluckt, das vergiftet die Organe.

Für alle, die Probleme haben, ihre Gefühle zu zeigen und ihre eigene Wahrheit kundzutun. Mein Tipp: Treibe Sport, egal welchen: Ob Pilates, Yoga, Joggen, Kickboxen oder Fussball… es ist alles ein Ausdruck deiner Selbst und deiner Gefühle. Und unsere Gesellschaft braucht Menschen mit starken Emotionen, sonst leben wir bald alle wie Roboter und das wäre allzuschade. Als unser Grosser (4j) heute höchstaktiv und ansatzweise aggressiv war, sagte ich ihm: „Zieh dir ne Jogginghose und Turnschuhe an, wir gehen jetzt joggen, du und ich.“ Es regnete in Strömen, aber wir waren nicht aufzuhalten, rannten eine Runde an die Sieg und wieder nach Hause, plitschplatschnass aber mit roten Backen und glücklich über unseren kurzen „Auslauf“ huschten wir unter die Dusche, um danach völlig in uns zu ruhen. Ich hatte ihm unterwegs gut zugesprochen, auch wenn er Mühe hatte durchzuhalten. „Es gibt kein schlechtes Wetter, Sportler können bei jedem Wetter joggen, auch im Schnee!“ Und er war stolz wie Oskar, dass er im Regen gelaufen war, wo sich sonst alle drinnen verkriechen und über den Regen motzen. Auch seine Zunge hatte den Regen spüren dürfen. Und er war als erster an der Haustüre angekommen, Wettkampf gewonnen. Emotionen rausgelassen und dann ist es auch gut.