Bis das der Tod uns scheidet. Ein heikles Thema. Die wenigsten Menschen setzen sich mit dem, was wäre wenn mein Partner oder meine Partnerin einmal stirbt, auseinander. Es ist schön im hier und jetzt zu leben. Die Liebe fließen zu lassen und miteinander glücklich zu sein. Dass das Schicksal vielleicht ein anderes Leben für einen vorsieht, wollen die meisten gar nicht überdenken. Darf ich mich nach dem Tod der Liebe des Lebens wieder neu verlieben?
Ich wohne zwischen zwei Witwen. In meiner Nachbarschaft gibt es viele ältere Menschen. Die beiden älteren Damen haben ihr Leben gelebt und ihre Männer sind erst verstorben, als sie schon sehr alt waren. Beide Nachbarinnen sind bereits über 70 Jahre alt und haben Kinder und Enkel. Sie haben quasi die Kinder mit ihren Partnern großgezogen und ein erfülltes Leben gehabt, bevor der jeweilige Tod der Ehemänner eintrat.
Es gibt ja nicht nur alte Witwen und Witwer. Oftmals trifft der Tod der Partnerin oder des Partners völlig unverhofft ein. Das kann an einer unerkannten plötzlich lebensbedrohend auftretenden Krankheit liegen, oder wenn beispielsweise ein Unfall geschieht. Welches Szenario auch immer den Tod herbeiführt, die meisten sind mit dem Schicksalsschlag erst einmal zurecht völlig überfordert.
Wenn du heiratest, baust du ja irgendwie innerlich und äußerlich ein gewisses Gefüge auf. Dies stürzt plötzlich zusammen, weil ein Grundpfeiler weg fällt. Die Trauerzeit dauert unterschiedlich lange. Es gibt die einen Menschen, die ewig alleine bleiben und nicht erneut bereit sind sich auf eine Partnerschaft einzulassen. Es gibt aber auch Menschen, die in ihrem Leben nicht auf Zärtlichkeit, Liebe und Partnerschaft verzichten möchten. Sich dem Bedürfnis bewusst zu sein, ist der erste Schritt. Sich dann auch auf eine neue Beziehung oder Liebe einzulassen, obwohl die „Liebe des Lebens“ innerlich nach wie vor präsent ist, ist der zweite Schritt. Oftmals plagen Witwen und Witwer große Schuldgefühle gegenüber den Verstorbenen, wenn sie sich in der zweiten Phase befinden: Was hätte er oder sie dazu gesagt? Hätten sie oder er es so gewollt? Darf ich wieder lieben?
Meine Meinung dazu ist: „JA“. Denn wenn du jemanden von Herzen liebst, und dir vorstellst, dass derjenige dann irgendwann alleine da steht, weil du nicht mehr existierst… möchtest du wirklich, dass dieser Mensch aus Liebe zu dir bis in alle Ewigkeit einsam und allein ist? Sich schlecht fühlt, weil er geistig in der Vergangenheit hängt und sich selbst eine neue Liebe versagt? Es heißt ja nicht umsonst: Bis das der Tod uns scheidet. Darüber hinaus besteht also keine Verpflichtung, es sei denn du legst dir selbst diese Pflicht auf.
Ich habe schon einige standesamtliche Hochzeiten von Witwern in Dänemark organisiert. Das hat mich sehr berührt. Ja auch fasziniert. Denn ich habe mich mit dem Thema Tod, Liebe und Schicksal emotional auseinander gesetzt. Die meisten Menschen drängen solche Gefühle und Gedanken bei Seite. Ich habe es zugelassen, weil ich die Trauer meiner Nachbarin so intensiv nachempfinden konnte, als ihr Mann verstarb, den sie jahrelang und bis zum Schluss wie ein Kind gepflegt hatte, nachdem er einen Schlaganfall erlitten hatte. Der Tod brachte eine große Leere mit sich, aber auch eine Befreiung. Ich weiß nicht, ob sie sich darüber bewusst ist.
Ich persönlich glaube fest daran, dass jeder Mensch gewinnbringende Chancen im Leben bekommt. Du hast einen Weg den du einschlägst und unterwegs begegnest du Menschen und verbringst Zeit mit ihnen. Auf deiner Reise durchs Leben wirst du immer wieder neue Menschen kennen lernen, Freundschaften schließen, einige Freunde verlieren, der Tod wird dir geliebte Menschen nehmen. Und doch bist du mit diesen Menschen verbunden.
Als mein Großvater starb, war ich 17 Jahre alt. Es hat mir sehr viel ausgemacht, ihn zu verlieren. Er war einer meiner Lieblingsmenschen. Ich habe sehr lange an dem Verlust geknabbert, denn ich hatte eine ganz besondere Verbindung zu meinem Opa, die niemand anders zu ihm gehabt hatte. Es ist sehr schmerzhaft jemanden den man liebt zu verlieren.Wenn dies der Partner oder die Partnerin ist, wird es unter Umständen um ein 10000 faches mehr wehtun. Doch irgendwann wachsen wir alle über diese Schmerzen hinaus, entwickeln uns weiter und behalten die Menschen, die wir so sehr geliebt haben im Herzen. Wir erinnern uns an schöne Momente mit ihnen und können über die Eigenarten der Verstorbenen lachen. Die Schmerzen vergehen und wir sind bereit uns auf andere Menschen einzulassen, die auch liebenswert sind.
„Schön ist eigentlich alles, was man mit Liebe betrachtet. Je mehr jemand die Welt liebt, desto schöner wird er sie finden.“
(Christian Morgenstern)
Frauen und Männer müssen nicht alleine bleiben, nachdem ihr Partner oder ihre Partnerin verstorben ist. Die Zeit heilt bekanntlich alle Wunden. Es gibt Menschen, die sich schneller verlieben, andere sind lange Zeit alleine und erst dann wieder bereit eine Partnerschaft oder Ehe einzugehen. Jeder Mensch ist einzigartig. Es geht nicht darum jemanden bestmöglich zu ersetzen. Es geht darum, wieder etwas Einzigartiges zu empfinden.
„Ich bin nicht zum Alleinsein geboren. Ich mag nicht alleine sein. Ich brauche Liebe.“ Zitat eines meiner Kunden.
ein indischer Witwer hatte mir das so schön am Telefon erklärt, als er mir von der Sterbeurkunde seiner verstorbenen Frau und gleichzeitig von seiner neuen Liebe, die er heiraten wollte, erzählte.
„Schön ist eigentlich alles, was man mit Liebe betrachtet. Je mehr jemand die Welt liebt, desto schöner wird er sie finden.“
Niemand muss sich vor mir rechtfertigen. Es ist völlig legitim sich als Witwe oder Witwer auf eine neue Liebe einzulassen. Es kann sein, dass der erste Lebensabschnitt für eine gewisse Partnerschaft bestimmt war. Man konnte sich damit nicht weiterentwickeln, geriet ins Stocken. Eine neue Liebe kann auch ganz viele Chancen darstellen, Dinge anders zu betrachten, Neues zu erleben, andere Wege zu erkunden. Jede Liebe stellt eine Bereicherung dar. Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch das Recht auf Liebe hat und es sich auch nach dem Tod der Partnerin oder des Partners nicht verbieten sollte, zu lieben und Liebe zu empfangen.
„Für die Welt bist du irgendjemand, aber für irgendjemand bist du die Welt.“
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